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Ethische Bedenken zu Waffenausfuhr-Verboten aus christlicher Sicht
von Markus Arnold, Präsident CVP ZH
Immer mehr christliche Gruppierungen fordern vor allem mit Verweis auf das Gebot der Feindesliebe in der Bergpredigt («Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen»), es könne aus christlicher Sicht nur ein "Ja" zu Waffenexportverboten geben. Untermauert wird dies mit der These, dass Waffenproduktion zwingend mit der Zunahme von gewaltsamen Konflikten verbunden ist. Die Verhinderung von Rüstungsindustrie wird zum Weg zu einer gewaltfreien Gesellschaft. Diese Sicht entspricht einem idealistischen christlichen Menschenbild. Dieses ist als solches zu respektieren.
Aus der Sicht eines realistischen christlichen Menschenbildes stellen sich dennoch kritische Fragen:
Ist es nicht so, dass die Forderungen der Bergpredigt insgesamt den Menschen restlos überfordern? Die Bergpredigt denkt von der Fülle des Reiches Gottes her. Auch gläubige Menschen werden an diesem Anspruch immer wieder scheitern. Das gilt auch für die Gewaltlosigkeit. Die Bergpredigt lässt sich nicht direkt in politische Programme umsetzen. Dazu gibt es genügend Beispiele aus der Geschichte. Ist eine absolut gewaltfreie Gesellschaft wirklich möglich? Gegenwärtig erleben wir unkontrollierte Gewaltausbrüche auf allen Erdteilen und unter den Vorzeichen der verschiedensten Kulturen und Religionen.
Eine realpolitische christliche Sicht wird darum in ihre ethische Verantwortung die Differenz zwischen dem Reich Gottes und dem, wozu Menschen fähig sind, mit bedenken:
- Die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols hat in vielen rechtsstaatlichen Demokratien zu innerer Sicherheit geführt. Faustrecht und Gewaltexzesse von rivalisierenden Horden konnten auf ein Minimum begrenzt werden. Das setzt aber eine moderne technische Bewaffnung und Ausrüstung der Polizeikräfte voraus. - Um solche Waffen produzieren zu können, ist es notwendig, dass ein genügend grosser Markt besteht. Dieser sollte jene rechtsstaatlichen Demokratien umfassen, in denen die Menschenrechte tatsächlich respektiert werden und welche Schweizer Waffen für die innere Sicherheit verwenden. - In der konsequenten Weiterentwicklung einer realen Friedenspolitik wird sich immer mehr die Frage nach bewaffneten humanitären Interventionen im Auftrag der Uno stellen. Die vergangenen Jahrzehnte konfrontierten uns mit Staaten, die nur noch auf dem Papier existierten, lokale Warlords und internationale Verbrecherorganisationen terrorisieren in diesen brutal die Zivilbevölkerung. In Bosnien konnte eine bewaffnete humanitäre Intervention im Auftrag der UNO das Land wieder befrieden. Waffengewalt war hier das geringere Übel. Fazit: Es braucht in der Schweiz tatsächlich ein Umdenken, was die Waffenausfuhr verlangt. Waffenexport hat dem Frieden zu dienen, sei es der innere Friede in einem demokratischen Rechtsstaat oder der Errichtung dieses Friedens in einem rechtlosen Staat im Auftrag der UNO. Massstab wird dabei immer die Respektierung der Menschenrechte durch jene sein, die für solche Aufträge die Verantwortung haben. Solche Waffenexporte sind aus ethischer Sicht nicht zu verbieten.
Den Befürwortern von Waffenexport-Verboten ist es zugute zu halten, dass sie den Gewalt fördernden Gebrauch von Schweizer Waffen verhindern wollen. Sie verhindern aber auch den Frieden fördernden Einsatz von Schweizer Waffen. Darum ist ihr Anliegen abzulehnen.
»Friede! Friede sei auf Erden!
Sieh, auch drüben schießt ein Christ.
Zwar, man wird schon selig werden,
wenn man nur gehorsam ist.
Christi Worte gelten immer,
selbst in Blut und Schmerzgewimmer,
gelten bis zum Himmelstor!«
Goldene Worte – goldene Worte ...
Und die Taten, Herr Pastor?
(Kurt Tucholsky)
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