Ein Volk wehrt sich!

von Hannah Oehlin, Historikerin, Universität Freiburg

Nur der ganze Volkskörper kann den Feind auf dem eigenen Boden erfolgreich bekämpfen. Diese Einsicht hat sich in vielen Ländern dieser Welt durchgesetzt, wo Kinder mit ihren Vätern gemeinsam den Boden und seine Reichtümer verteidigen. Dieser Wehrwille erinnert uns an unsere eigene kriegerische Tradition, die uns aufruft mit diesen mutigen Kindern zu solidarisieren: Es soll ihnen nicht an Waffen und Munition in ihrem täglichen Abwehrkampf fehlen!

Heute blicken viele Menschen mit Unverständnis auf jene Konflikte, in denen sich jeder nach seinen Mitteln beteiligt und fordern Waffenembargos. Dabei vergessen sie, dass wir selbst einmal mutig und kriegerisch zusammengestanden sind.

Dass die Schweiz diese wichtige Einsicht einer Volksbewaffnung in den letzten Jahren vernachlässigt hat, bedeutet nicht, dass andere Länder diese Fehlentwicklung ebenso durchlaufen müssen. Blicken wir zurück auf eine mutige Geschichte schweizerischen Verteidigungswillens.

Der gesamte Volkskörper muss im totalen Krieg im Einsatz stehen! So eine der wichtigen Einsichten, die sich in der Schweiz während der ersten Kriegsmonate des Zweiten Weltkrieges durchgesetzt hat. Das Armeekommando führte bereits Ende 1939 Studien zur Mobilisierung der letzten Widerstandskräfte des Volkes durch, die den Aufbau von Nachrichten- und Sabotageorganisationen umfassten. (vgl. Bericht des Generalstabschefs. S. 253.)

Der weitere Kriegsverlauf im Frühjahr 1940 zeigte die Richtigkeit dieser ersten Erkenntnis. Zwar ging der Bundesrat in seiner Botschaft an die Bundesversammlung betreffend Organisation des Heeres (TO 51) vom 10. Oktober 1950 mit keinem Wort auf das Thema des Widerstands in feindbesetztem Gebiet ein, doch die Zeitschrift 'Beobachter' sah die Zeichen der Zeit und konstatierte 1951, dass sich der „Kleinkrieg der Partisanen“ seit dem Zweiten Weltkrieg zu einer Kampfform entwickelt habe, der Rechnung zu tragen sei. Aufgrund der umfassenden modernen Kriegsführung „ist die einzige Antwort auf diese blutige Kampfweise der bewaffnete Widerstand des ganzen Volkes, wo und wie es auch immer sei.“

Der EMD-Vorsteher Bundesrat Karl Kobelt liess diese Weitsicht vermissen und sprach sich 1951 vehement gegen eine Widerstandsarmee aus. Zum Glück konnte das Schweizervolk auf den praktischen Ratgeber von Major Hans von Dach für den Kleinkrieg zurück greifen. Ein Buch, das lange mit Gewinn eingesetzt werden konnte:  „Der totale Widerstand – Kleinkriegsanleitung für jedermann“ erschien 1957. An dieser „in der ganzen freien Welt durchorganisierten Partisanenbewegung“ beteiligte sich auch Oberst Albert Bachmann, dem das rote Büchlein “Zivilverteidigung” aus dem Jahr 1969 zu verdanken ist. Der Sinn sei es, mit diesem Buch „die Widerstandskraft des Volkes zu erhalten und zu stärken, die Unabhängigkeit der Schweiz zu sichern“, wie der damalige Bundesrat Ludwig von Moos im Vorwort schreibt. Der grösste Teil des Volkes werde zwar keinerlei Kampfhandlungen oder Gewaltakte begehen, aber durch Unterstützung der aktiven Widerstandskämpfer den Kampf weiterziehen.

Es mussten “günstige Voraussetzungen für den aktiven Widerstand” geschaffen werden, wie der Bericht zur Sicherheitspolitik der Schweiz im Jahre 1973 forderte. So entstand unter glücklichen Umständen und im Verborgenen die Geheimarmee P26, die Vorbereitungen für den Partisanenkrieg zu treffen hatte. Hat die Schweiz diese Sicherheit wegen einer üblen Schmähkampagne im Jahre 1990 auch verloren, so kann sie doch für andere Länder eine wichtige Option bleiben. Gerade im Falle fehlender staatlicher Strukturen bildet sie gar die einzige.

Daher gilt es sich solidarisch zu zeigen mit Menschen, die ihr Schicksal in die Hände nehmen! Geben auch sie ihre Waffen, damit nicht nur Tell seine Armbrust, sondern auch Walter seine Waffe hat!